Die erstaunliche Geschichte des Medaillons
Von Rachel Church
Was ist ein Medaillon?
Ein Medaillon ist ein mit einer Erinnerung verbundenes Schmuckstück. Dabei kann es sich um ein privates Erinnerungsstück oder ein mit einem öffentlichen Erfolg verbundenes Objekt handeln.
Das herausstechende Merkmal ist, dass es sich um ein Behältnis, ein Schmuckstück, handelt, das ein wertvolles Objekt in sich birgt. Dies kann beispielsweise ein Porträt, eine Haarlocke, ein Gegenstand von sentimentaler Bedeutung oder eine Reliquie sein.
Medaillons können bei den meisten Schmuckformen zum Einsatz kommen. Sie hängen an einer Kette oder werden in die Spange eines Armbands oder eine Lünette eines Ringes eingelassen. Es gibt sie auch als Broschen, Anstecknadeln und sogar Knöpfe.
Im Allgemeinen werden moderne Medaillons heute von Frauen getragen und an diese vermarktet. Historisch wurden sie allerdings von Frauen, Männern und Kinder getragen. Dabei wurden Medaillons für die Reichen aus Edelmetallen und Schmucksteinen gefertigt. Als Massenware aus billigeren Materialien produzierte Medaillons standen größeren Kundengruppen zur Verfügung. Aber ganz unabhängig davon, ob sie aufwändig in Edelsteinen gefasst oder eher bescheiden waren, blieben Medaillons oft mit tiefen Gefühlen verbundene und besonders persönliche Schmuckstücke.
Heilige Reliquien: Medaillons im europäischen Mittelalter
Die frühe Geschichte des Medaillons ist mit der Historie des Reliquienschmucks verbunden. Diese kleinen Anhänger enthielten heilige Symbole, wie beispielsweise Knochenfragmente oder das Haar eines heiligen Märtyrers.
Gläubige Christen waren der Überzeugung, dass diese Reliquien Krankheiten heilen und Wunder bewirken können.
Das Tragen einer Reliquie am Körper war ein Zeichen des Glaubens, und Reliquien dienten als Amulett zum Schutz des Trägers vor Unglück und bösen Geistern.
Emaille-Medaillon aus vergoldetem Silber, Frankreich, 1300-1400
© Metropolitan Museum of Art, New York
Dieser emaillierter „Agnus Die“ Anhänger beinhaltete ein gesegnetes und mit dem Bild eines Lamms und eines Kreuzes gestempeltes Wachsscheibchen. Diese Scheibchen wurden aus der vom Papst während der Osterfeierlichkeiten verwendeten Kerze hergestellt und waren wirksame Amulette – besonders für Schwangere.
Darüber hinaus wurden Reliquienschmuckstücke auch als diplomatische Geschenke und Statussymbole verwendet. So erwarb der französische König Louis IX. 1238 von Balduin II., dem König von Jerusalem, die Dornenkrone. Er verwendete einzelne Dornen als diplomatische Geschenke. Einer dieser in einem mit einem Amethyst und Emaille verzierten Medaillon eingelassenen Dornen befindet sich heute im British Museum in London.
Eine heilige Reliquie war ein Schatz von herausragendem Wert und erforderte daher ein entsprechendes Behältnis. Reliquienschmuckstücke sind häufig aus Gold gefertigt, emailliert und mit Perlen und Schmucksteinen besetzt. Sie wurden in den höchsten gesellschaftlichen Kreisen getragen – die Inventarliste von Louis d’Anjou aus dem Jahr 1380 führt „petits reliquaries d’or a porter sur soy“ (kleine, am Körper getragene Goldreliquiare) auf.
Das Kloster des Heiligen Johannes auf der griechischen Insel Chalki erhielt von einem Kleriker namens Arsenius einen wunderschönen, mit einer Amethystminiatur der Jungfrau Maria mit Kind besetzten Anhänger. Auf der Rückseite des Schmuckstücks befindet sich ein kreuzförmiges Medaillon, in dem wahrscheinlich ein Fragment des Kreuzes oder eine eng mit Jesus Christus verbundene Reliquie aufbewahrt wurde. Die Inschrift lautet: „Du hast uns erlöst durch dein kostbares Blut am Kreuz.”

Brosche mit Geheimfach, Gold und Perlen, Deutschland, ca. 1340-60
© Metropolitan Museum of Art, New York
Der große englische Dichter Geoffrey Chaucer empfahl seinen Lesern, dass man einer schönen Dame „Briefe, Andenken, Broschen und Ringe“ schenken sollte, um ihr Herz zu gewinnen. Schmuck war bekannt dafür, den Weg ins Herz des oder der Angebeteten zu ebnen. In diese mittelalterliche deutsche Brosche in Form des Buchstaben E (wahrscheinlich der Anfangsbuchstabe des/der Beschenkten oder des/der Schenkenden) ist die Figur eines Mannes eingelassen, der sein eigenes Herz mit Pfeilen durchbohrt. Die Inschrift auf der Rückseite lautet: „Schönste, möge ich immer in deinem Herzen sein.“ Der Deckel mit Scharnier lässt sich anheben, in dem darunterliegenden Hohlraum konnte Parfüm oder ein Andenken aufbewahrt werden.
Anerkennung und Ansehen: Medaillons der Renaissance und des 17. Jahrhunderts
Renaissancemedaillons waren häufig Porträtschmuckstücke (im Französischen auch als boîtes a portrait bezeichnet). Diese Schmuckstücke waren prestigeträchtige höfische oder diplomatische Geschenke. Sie wurden als Zeichen der Gunst überreicht und als Familienerbstücke geschätzt.
Die Außenhülle des Medaillons sollte gesehen werden. Sie konnte mit einem Monogramm oder einer Verzierung emailliert werden oder mit einer Kamee, Edelsteinen oder einer Medaille besetzt werden. Das Medaillon enthielt häufig von den besten Künstlern der Zeit, wie Nicholas Hilliard, Isaac Oliver oder Jean Petitot, gemalte Miniaturen.

Entwürfe für Anhänger, Ornements d’orfèvrerie, Louis Roupert, Metz, ca. 1668
© Bibliothèque de l’Institut National d’Histoire de l’Art
Medaillon mit dem Monogramm von Henrietta Amalia von Anhalt-Dessau, Niederlande, ca. 1690
© Rijksmuseum, Amsterdam
Der Erhalt eines Schmucksets mit dem Porträt eines Herrschers war eine große Ehre. Mit Porträts verzierte Schmuckstücke wurden auch als offizielle Geschenke an besuchende Botschafter oder Fürsten aus anderen Reichen überreicht. Der erste dokumentierte Fall einer in der Diplomatie zwischen zwei Ländern verwendeten Miniatur ereignete sich im Jahr 1526 als Margarete, Herzogin von Alençon, Porträts ihrer beiden Söhne in kunstvoll gearbeiteten Goldmedaillons an den britischen König, Heinrich VIII. übersandte. Die Kinder waren Geiseln am Hofe Kaiser Karls V., und Margarete hoffte auf Heinrichs Unterstützung bei ihrer Rückführung.
Anhänger mit dem Porträt von Maria Stuart, Gattin von Wilhelm II. von Oranien, ca. 1645
© Rijksmuseum, Amsterdam
Porträtschmuckstücke wurden auch in Anerkennung persönlicher Leistung verschenkt. So schenkte der britische König James I. im Jahr 1611 Thomas Lyte als Belohnung für das Zeichnen des königlichen Stammbaums ein Medaillon mit einem Miniaturporträt des Königs in einem mit Edelstein besetzten Kästchen. Außerdem schenkt er der Herzogin von Lennox auch eine schön gearbeitete Diamantenkette mit seinem Porträt als Anhänger zum Dank für „Brühen und Kandeelen“ für einen Kranken. Mit einem Schmuckstück mit dem Abbild des Herrschers konnte der Träger wunderbar seine Nähe zum Hof und die Gunst des Herrschers zeigen.
Medaillons konnten auch privatere Bilder enthalten, wie in diesem Medaillon mit den Porträts eines unbekannten Mannes und einer unbekannten Frau, bei denen es sich wahrscheinlich um ein Ehepaar handelt. Dies bildet eine kleinere und persönlichere Version eines Doppelporträts an der Wand.
Liebe über den Tod hinaus: Medaillons im 18. Jahrhundert
Das Wort „locket“ wurde ab Mitte des 17. Jahrhundert im Englischen verwendet, während in anderen Sprachen Varianten des Wortes „Medaillon“ üblich waren. Auf zeitgenössischen Gemälden ist oft zu sehen, dass Medaillons als Anhänger an einer Kette oder einem Band um den Hals oder an einem Gürtel hängend getragen wurden.
Entwürfe für Medaillons oder Anhänger aus dem Nouveau Livre de Serrureries, Paris 1709
© Rijksmuseum, Amsterdam
Frauen, Männer und Kinder trugen auch weiterhin Medaillons. In Berichten über Verbrechen aus dem frühen achtzehnten Jahrhundert wird erwähnt, dass selbst kleine Kinder Gold- oder Silbermedaillons an Korallenketten trugen. Koralle galt als Schutzamulett, und die Medaillons enthielten beispielsweise Porträts eines Elternteils, eine Haarlocke oder ein religiöses Bild.
Medaillons wurden weiter als höfische Geschenke mit Portraits oder Orden des jeweiligen Herrschers verwendet.
„Il core vi dono – Empfange dies Herz hier zu eigen“ – Das sentimentale Medaillon
In Mozarts Oper „Così fan tutte“ verschenkt Guglielmo sein Herz in Form eines Medaillons an Dorabella, um das Porträt ihres früheren Geliebten, Ferrando, zu ersetzen. Die Symbolwirkung des Medaillons wird deutlich, wenn Guglielmo singt: „Empfange, Geliebte, das Herz zu eigen, doch schenke desgleichen das deine dafür.“ Mit dem Geschenk in Form eines Medaillons für Dorabella erhebt Guglielmo Anspruch auf ihre Zuneigung.
Der äußere Teil des Medaillons war oft mit einer romantischen Szene oder einem persönlichen Monogramm emailliert, während das wertvolle Bild oder die Reliquie im Inneren verborgen war.
Jemandem ein Medaillon zu schenken war eine intime Geste, insbesondere wenn es ein Haarlocke oder ein Miniaturporträt enthielt. In Marivaux’ Bühnenwerk Les Fausses Confidences aus dem Jahr 1737 ruft Araminte, nachdem ihr Geliebter Dorante sie um ein Bild bittet, aus: „Ihnen mein Porträt schenken? Das wäre als würde ich sagen, dass ich Sie liebe!“
Die sitzende Frau in diesem Gemälde von Nicolas Lavreince hält mit ausgestrecktem Arm ein Medaillon hoch – vielleicht um sich zu trösten, weil ihr Geliebter abwesend ist.
Ein Teil des Zaubers eines Medaillons bestand darin, dass es Trost spendete, wenn der oder die Geliebte abwesend war – ein Andenken, dass in Ehren gehalten und geküsst wurde. In The Lover’s Luck, einem Bühnenstück von Thomas Dilke aus dem Jahr 1696, besaß der Held ein „Medaillon mit dem Haar Ihrer Ladyschaft, das er stets nahe am Herzen trug […] und Tausend mal – nicht ohne häufige Tränenströme – küsste.“ Trauermedaillons enthielten oft Haarlocken. Ein kleines, herzförmiges Medaillon von 1706 enthielt auf der einen Seite Haar und auf der anderen Seite einen eingravierten Totenschädel sowie das Sterbedatum.
Politische Medaillons
Politische Medaillons konnten durch ein verstecktes Porträt eines Herrschers oder Politikers in einem neutralen Behältnis auch die Sympathien des Trägers verbergen. Ein Beispiel dafür waren die von den Unterstützern der im Exil lebenden Stuart-Dynastie in Großbritannien getragenen Medaillons. Während der französischen Revolution zeigte Madame de Genlis durch das Tragen eines Medaillons mit dem in Diamanten gefassten Wort Freiheit, in dem sich ein Stück der zerstörten Bastille verbarg, ihren Wandel von einem Mitglied des inneren Kreises am Hof zu einer inbrünstigen Revolutionärin.
Viele Schmuckstücke wurden in Erinnerung an Admiral Horatio Nelson, den britischen Helden der napoleonischen Kriege gefertigt. Das Tragen eines Schmuckstücks mit seinem Porträt oder einer Locke seines Haars galt als Zeichen des Nationalstolzes und als Möglichkeit, sich mit einem wichtigen historischen Moment zu verbinden.
Medaillon mit Porträt und Haar von Admiral Horatio Nelson, 1805
© Metropolitan Museum of Art, New York
Liebe, Mode und Novitäten: Medaillons im 19. Jahrhundert
Medaillons erreichten im 19. Jahrhundert den Höhepunkt ihrer Popularität. Im Jahr 1871 erklärte die Zeitschrift „Queen“, dass „Medaillons … als unverzichtbar für die Tagesgarderobe gelten“.
Medaillons wurden vielfach von beiden Geschlechtern und allen Altersgruppen, von kleinen Kindern bis hin zu Greisen, getragen. Frauen trugen Medaillons üblicherweise an einer Kette oder einem Band um den Hals, als Brosche am Oberteil der Bekleidung oder eventuell in die Schließe eines Armbandes oder einen Ring eingelassen. Überdies konnte man Medaillons auch an der Taille an einer Uhrkette oder Chatelaine hängend tragen. Die Medaillons von Männern waren üblicherweise eher private Schmuckstücke, die mit einer Kette oder einem Band unter dem Hemd oder eventuell an einer Uhrkette befestigt und in die Westentasche gesteckt wurden.
Detail aus Eine junge Dame aus dem Jahr 1866
Edouard Manet, 1866
© Metropolitan Museum of Art, New York
Medaillons sind komplexe Objekte. Das Modell eines zerlegten Medaillons des britischen Künstlers Robert Field zeigt einen typischen Aufbau. Der Rahmen des Medaillons besteht aus sorgfältig konstruierten, passgenauen Teilen, die ein sicheres Behältnis für das Bildnis und die Haarlocke ergeben und durch kleine Glasscheiben geschützt sind. Mit zwei Innenfächern für Porträts oder Haar hatten „Doppelmedaillons“ einen teureren und komplizierteren Aufbau.
Im Zuge der industriellen Revolution kamen Dampfmaschinen bei der Schmuckherstellung zum Einsatz. Mit Stanzen und Dampfwalzen hergestellte Medaillons konnten billiger produziert werden als handgefertigte Stücke. Damit wurden diese Produkte zu niedrigeren Preisen für eine große Bandbreite von Kunden verfügbar.
Medaillons als Zeichen der Liebe

Deckblatt der Ballade „You, only you“, 1895
© The New York Public Library
Durch das Bild eines geliebten Menschen, Familienmitglieds oder eines Kindes wurde ein Medaillon zu einem wertvollen persönlichen Gegenstand. Die Erfindung und zunehmende Popularität der Fotografie machte Porträts auch für diejenigen verfügbar, die sich keine Miniaturmalerei leisten konnten.
Haare in Medaillons waren so populär, dass sie sogar zum Thema von Witzen wie den folgenden avancierten:
„Ich nehmen an, Sie tragen ein kleines Andenken in Ihrem Medaillon?
Genau, eine Haarlocke meines Mannes.
Aber Ihr Mann lebt doch noch?
Ja, aber er hat keine Haare mehr.“
Eine Haarlocke war ein wertvolles Andenken an eine abwesende Person – unabhängig davon, ob die betreffende Person nur physisch abwesend war oder aufgrund ihres Todes nie zurückkehren würde.
Medaillons waren oft Geschenke zwischen Liebenden und konnten sogar zu Beweisstücken im Falle einer aufgelösten Verlobung oder einer Scheidung werden, wie bei Sir John Tollemache Sinclair im Jahr 1877. Sinclair entdeckte die Untreue seiner Frau, als er feststellte, dass sie unter ihrer Kleidung ein Medaillon mit dem Foto ihres Liebhabers trug.
Der Bräutigam schenkte der Braut zur Hochzeit oder Verlobung oft ein Medaillon, das in vielen Fällen durch Embleme, Initialen oder Wappen personalisiert wurde. Überdies avancierten Medaillons auch zu beliebten Erzähltechniken für Schriftsteller – um heimliche Affären und verlorene Kinder zu zeigen oder Familiengeheimnisse offenzulegen. In einer im Jahr 1901 verfassten Geschichte für eine Zeitschrift entwarf Oberst Lockhart ein eigenes Medaillon als Geschenk für seine Braut. Das Medaillon war mit einer aus Rubinen gefertigten Rose verziert und enthielt sein Porträt, das die Braut küsste und als „mein liebstes Juwel“ bezeichnete.
Vielleicht beruhte diese Geschichte auf der eines Bräutigams wie John Crichton-Stuart, dem 3. Marquess of Bute? Den Schmuck der Brautjungfern für seine Hochzeit entwarf er selbst. Für seine Heirat mit Gwendolin Fitzalan-Howard im April des Jahres 1872 entwarf er Medaillons in Form eines mit seinem und Gwendolins Wappen verzierten Medaillons. Jedes der Schmuckstücke war mit Diamanten und Perlen besetzt.
Trauermedaillons
Als Prinzessin Augustas geliebte ehemalige Gouvernante, Lady Charlotte Finch, 1813 starb, schrieb die Prinzessin an Lady Charlottes Tochter, dass „ich mir gestatte, Ihnen ein Medaillon zu überreichen und hoffe, Sie tun mir den Gefallen, es anzunehmen. Es soll eine Locke Ihrer hochgeschätzten Mutter aufnehmen.”
Außerdem konnte ein Medaillon mit dem Bildnis eines Kindes in Zeiten, in denen das Leben von Kindern so fragil war, besondere Bedeutung erlangen. So berichtete im Jahr 1910 eine Zeitung, dass ein vom schlechten Gewissen gepackter Dieb einem Londoner Ehepaar ein Goldmedaillon mit einer Miniaturmalerei zurückgab. Laut der Zeitung enthielt das Medaillon die Porträts ihrer beiden kleinen Söhne und „die Eltern waren von dem Verlust tief getroffen, da der ältere der beiden Jungen vor kurzem verstarb und die Miniaturmalerei daher unersetzlich ist.“
Dieses Traumedaillon aus Gold und schwarzer Emaille trägt die Gravur „Mein zweiter Sohn Gerardus, 6. Dez. 1864.“ Es ist augenscheinlich für seinen Vater oder seine Mutter gefertigt und enthält eine Locke seines Haars.
Trauermedaillon, 1864
Inschrift auf der inneren Goldscheibe: „Mein zweiter Sohn Gerardus, 6. Dez. 1864“. Inschrift umgeben von einem äußeren emaillierten Ring mit eingravierter Inschrift: „Zum Gedenken an“.
© Cooper Hewitt, Smithsonian Design Museum
Medaillons als Geschenk
Da Medaillons sich so leicht personalisieren ließen, waren sie auch weiterhin nützliche und verbreitete Geschenke. Die britische Königin Victoria verschenkte während ihres gesamten Lebens immer wieder Schmuckstücke, wobei die Betonung oft eher auf dem persönlichen Aspekt als auf dem Wert lag.
Medaillons waren auch beliebte Abschieds- oder Pensionierungsgeschenke und finden häufig Erwähnung in Zeitungsberichten. So erhielt der amerikanische Postinspektor John Clum, der den ersten Postdienst in Alaska einrichtete, zu seiner Pensionierung im Jahr 1911 einen Taschenuhranhänger mit Medaillon. Auf der Innenseite des Medaillon ist der Name der 14 New Yorker Postinspektoren eingraviert, das Medaillon enthält ein Stück rot-weiß-blauen Stoff.
Novitätenmedaillons
Durch ihre Vielseitigkeit waren Medaillons ideale Novitätenschmuckstücke. Als praktisches und unterhaltsames Accessoires konnte dieses Medaillon mit einem englischen Miniaturwörterbuch (auf der Rückseite befand sich eine Lupe) an einer Chatelaine oder Uhrkette getragen werden.
Medaillon mit englischem Miniwörterbuch, spätes 19. Jahrhundert.
© Cooper-Hewitt, Smithsonian Design Museum
Dieser kleine goldene Koffer mit der Gravur „Jemandes Gepäck“ lässt sich öffnen und enthält eine Reihe winziger Fotografien zur Feier der Hochzeit der Schauspieler Charles Stratton, der als General Tom Thumb bekannt war, und Lavinia Warren im Jahre 1863. Das kleinwüchsige Ehepaar arbeitete für P.T. Barnums berühmten Zirkus und trat in den höchsten gesellschaftlichen Kreisen, beispielsweise vor Königin Victoria, auf. Dieses einfallsreiche Medaillon war ein lustiges Andenken an die Hochzeit und unterhaltsam für die Freunde der Träger.
Prominenten-Medaillons
Ein Objekt oder eine Haarlocke einer Berühmtheit war eine Möglichkeit, sich mit einer berühmten Person oder einer gemeinsamen Nationalgeschichte zu verbinden. Stoffstücke oder Knöpfe kamen zu Haarlocken und Porträts hinzu und bildeten weltliche Reliquien. Das Museum der Konföderation in Richmond, Virginia, stellte Medaillons mit Haarlocken der Bürgerkriegsgeneräle General Robert E. Lee und Jefferson Davis aus. Überdies umfasste die Ausstellung auch ein Medaillon mit einem Stück der ersten Fahne der Konföderierten mit einer Haarlocke von Jefferson Davis. In einer humorvolleren Variante bewahrte der französische Komponist Charles Gounod einen seiner Hosenknöpfe in einem wertvollen, mit Edelsteinen besetzten Medaillon auf.
Medaillons im 20. und 21. Jahrhundert
Obwohl Medaillons im zwanzigsten Jahrhundert nicht so omnipräsent waren wie im neunzehnten, behielten sie doch ihren Platz sowohl in der Kunst als auch im realen Leben. Die Entwürfe für Medaillons entsprachen den Strömungen der Kunst im zwanzigsten Jahrhundert. So folgten modische Medaillons den fließenden Linien des Jugendstils, der Geografie und Farbe des Art Deco sowie der Phantasie und dem Witz der 1950er und 1960er Jahre.
Emaille bildet auch weiterhin eine beliebte Möglichkeit, Farbe und Charme ins Spiel zu bringen. Manchmal geschieht dies in Form einer transparenten Schicht über einem gravierten Medaillon oder durch eine Malerei auf dem Gehäuse des Medaillons.

Medaillon-Anhänger mit Emaille auf guillochiertem Edelmetall sowie Entwurfszeichnungen, Victor Mayer, um 1900
© Archiv Victor Mayer
Lustige Amulette können in fantasievollen Formen gestaltet werden. Die Designer von Victor Mayer entwarfen beispielsweise ein winziges Häuschen mit einer Tür, die sich öffnen lässt, sowie ein Medaillon in Form eines Fotorahmens, der sich aufschieben lässt und den Blick auf ein Bild einer Schwester freigibt.

Winziges Haus mit Aufschrift >In der kleinsten Hütte ist Platz< nach einem bekannten Gedicht von Friedrich Schiller. Anhänger mit Spiegel mit Aufschrift >mein Süßer<
© Victor Mayer Archiv
Lockets were still worn by men on watch-chains in the early twentieth century. They were frequent presentation gifts for retirements, weddings or new jobs. The locket could also be an important sentimental object during the war years. Loving couples wore each other’s portraits and parents kept the image of their soldier sons close.

Trauer-Medaillon Victor Mayer, Pforzheim, Erster Weltkrieg
© Victor Mayer Archiv
In Pforzheim verkaufte der Juwelier Victor Mayer, der im Ersten Weltkrieg zwei seiner drei Söhne verlor, große Mengen Trauerschmuck aus Silber und schwarzer Emaille. Diese traurigen Schmuckstücke waren eine Möglichkeit für die Familien, ihrer schmerzlichen Verluste während der Kriegsjahre zu gedenken.
Familienbande wurden auch während des Zweiten Weltkriegs durch Schmuck gezeigt. Der spätere amerikanische Präsident General Dwight D. Eisenhower schenkte seiner Frau Mamie während ihrer Ehe immer wieder kleine Anhänger für ihr Charm-Armband. Einer der zauberhaftesten Anhänger war ein kleines goldenes Medaillonkästchen mit einer Gravur ihrer Initialen, das ein Foto von Eisenhower in Uniform enthielt. Während des Zweiten Weltkriegs war das Paar beinahe drei Jahre getrennt voneinander – vielleicht spendete der Medaillonanhänger ein wenig Trost?
Zeichen romantischer Liebe und familiärer Bindungen
Medaillons sind auch weiterhin eine wunderbare Möglichkeit, die Erinnerung an einen geliebten Menschen nahe am Herzen zu tragen. Hübsche Medaillons mit Fotos wurden im neunzehnten Jahrhundert modern – und sind es bis heute geblieben. Durch ein eingraviertes Motto oder Monogramm wird das persönlichste aller Schmuckstücke noch einzigartiger.

Medaillons aus einer Musterkollektion , Victor Mayer, ca. 1905
© Victor Mayer Archiv

Anzeige des International Gold Council mit Medaillon und Ring von Victor Mayer, Aufschrift >Gold. Ein Stück Glück<, ca. 1985
© Victor Mayer Archiv
Noch heute tragen Menschen Medaillons mit Bildern ihrer Liebsten, Kinder oder Eltern – verborgen in einem eleganten und attraktiven Schmuckstück. Heute werden Medaillons nicht mehr als repräsentative Geschenke oder Zeichen der politischen Zugehörigkeit verwendet, aber als romantisches Schmuckstück haben sie ihre Bedeutung niemals verloren. Die Medaillons von Victor Mayer verbinden traditionelle Handwerkskunst mit eleganten, modernen Designs und setzten so die reiche Geschichte dieser Schmuckstücke fort.
Unabhängig davon, ob es sich um ein klassisches Stück mit einem modernen Foto oder um ein als Liebesgabe speziell angefertigtes Schmuckstück handelt, bewahrt das Medaillon seinen Zauber. Heute ist das Tragen eines Medaillons Ausdruck eines persönlichen Stils, der klassische Mode mit moderner Lässigkeit verbindet.
Rachel Church ist Schmuckhistorikerin und -forscherin und interessiert sich besonders für die Geschichten hinter den Juwelen. Sie ist die Autorin von „Rings“ (V&A/ Thames and Hudson 2017) und „Brooches and Badges (V&A/ Thames and Hudson 2019). Sie hält regelmäßig Vorträge und schreibt über Schmuck bei thelifeofjewels.com.